Eine Einführung in Indiens Buchprüfung für Laien

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Obwohl sich in den letzten Jahren eine Vielzahl von ausländisch investierten Unternehmen (foreign invested enterprise – FIE) in Indien etabliert haben, sind viele ausländische Führungskräfte nicht unbedingt mit dem Buchprüfungsverfahren in Indien vertraut. Obwohl es wahrscheinlich für jemanden ohne Kenntnisse in Steuern oder Buchhaltung schwer ist, verantwortlich für die Finanzvorgänge der Tochtergesellschaft in Indien zu sein, ist es sicherlich vorteilhaft, sich wenigstens ein Grundverständnis für das Verfahren anzueignen.

 

Was ist die Buchprüfung?

Der Begriff „Buchprüfung” beschreibt die Überprüfung der Konten einer Person oder Organisation. Generell wird es von einer unabhängigen Person oder Unternehmen durchgeführt, die Fachkenntnisse in der Durchführung von Buchprüfungen besitzt. Eine andere Definition ist, dass das Buchhaltungsverfahren alle geschäftlichen Transaktionen des Unternehmens erfasst, um den Bilanzabschluss vorzubereiten, während Prüfungsverfahren belegen, dass diese Transaktionen ordnungsgemäß erfasst sind. Ziel ist es, ein möglichst der Wahrheit entsprechendes Bild des Bilanzabschlusses des Unternehmens zu geben.

Laut des indischen Instituts für Buchhaltung:

 „Buchprüfung definiert eine systematische und unabhängige Untersuchung von Daten, Aussagen, Erfassungen, Abläufen und Durchführungen (finanzielle oder anderweitige) von einem Unternehmen für einen bestimmten Zweck. In jeder Buchprüfungssituation, kann der Buchprüfer die vor ihm zur Untersuchung liegende Behauptung erkennen und einordnen, Belege erfassen, diese auswerten und auf dieser Grundlage eine Beurteilung formulieren, welche durch einen Prüfbericht mitgeteilt wird.”

Die Wichtigkeit eines Buchprüfungserfahrens ist nicht zu unterschätzen, die Ergebnisse können für die folgenden Zwecke genutzt werden:

  • Der Regierung zu versichern, dass das Unternehmen ordnungsgemäß gesetzliche Abgaben abführt;
  • Darlehensgebern helfen, die Kreditwürdigkeit des Unternehmens einschätzen zu können;
  • Der Geschäftsführung helfen, ein Defizit in den Geschäftsabläufen des Unternehmens festzustellen;
  • Der Geschäftsführung helfen, die Wirtschaftlichkeit zu erhöhen.

Mehr zum Thema: Audit und Compliance in China

 

Ziele der Buchprüfung

Die meisten Ziele des Buchprüfungsprozesses können in Primärziele und Sekundärziele klassifiziert werden.

Primärziele

Das Primärziel einer Buchprüfung ist es, ein möglichst getreues Bild des Bilanzabschlusses des Unternehmens aufzuzeigen. Diese Verantwortung obliegt dem Buchprüfer, der, nach Abschluss des Buchprüfungsprozesses, seine Ansicht durch die Erteilung eines Prüfungsberichts abgibt.

Der Finanzbericht eines Unternehmens sollte beinhalten:

  • Bilanz
  • Gewinn- und Verlustrechnung
  • Kapitalflussrechnung
  • Anhang

Ein „möglichst getreues Bild” kann nur wiedergegeben werden, wenn der Finanzabschluss akkurat und nicht irreführend ist. Der Buchhalter ist zufrieden, wenn folgende Kriterien erfüllt werden:

  • Der Abschluss nimmt Bezug auf die Einträge in den Geschäftsbüchern;
  • Einträge werden durch entsprechende Belege, Dokumente oder sonstige Nachweise gestützt;
  • Kein Eintrag in den Geschäftsbüchern wurde bei der Erstellung des Bilanzabschlusses weggelassen und nichts ist im Finanzabschluss enthalten, dass nicht auch in den Geschäftsbüchern ist, und
  • Der Finanzabschluss ist so erstellt, dass er im Einklang mit den maßgebenden Rechnungslegungsstandards ist

Der Buchprüfer muss während der Buchprüfung sowie der Erstellung des Prüfungsberichtes die aktuellen Prüfungsstandards einhalten. Der Buchprüfer ist verpflichtet, diese Fälle den zuständigen Behörden zu melden. Deshalb ist das Sekundärziel der Buchprüfung Fehler und Betrugsversuche in den Geschäftsbüchern zu finden; die Aufdeckung von Fehlern und deren entsprechende Beseitigung sollte aber auch eines der Hauptanliegen der Geschäftsführung sein.

 

Buchprüfung in Indien

Das indische Institut für Buchhaltung (Institute of Chartered Accountants of India – ICAI) ist das Organ für Buchprüfungen in Indien und das erste professionelle Rechnungslegungsorgan. Nur ein Mitglied des ICAI kann ein Buchprüfer werden. ICAI hat einen Ausschuss für Prüfungs- und Assekuranznormen (Auditing and Assurance Standard Board – AASB) zusammengestellt, zur Überprüfung von Buchprüfungsmethoden und -verfahren in Indien, sowie um Prüfungsnormen und Richtlinien zur Prüfungssicherheit zu entwickeln (welche in Buchprüfung, Überprüfung und andere Standards umbenannt wurden). Diese Richtlinien wurden so gestaltet, dass das bestmögliche Resultat dargelegt wird, während zeitgleich eine akkurate Darstellung des Bilanzabschlusses des Unternehmens wiedergegeben wird. Alle Buchprüfer in Indien müssen diesen Standards folgen, wenn diese die Bücher prüfen.

Mehr zum Thema: ICAI Submits Revised IFRS Conversion Roadmap Ahead of Annual Audit Season

 

Buchführungsgrundsätze

Um bei einem Bilanzabschluss ein möglichst getreues Bild zu haben, ist es unerlässlich, dass die Abschlüsse gemäß den indischen Buchführungsgrundsätzen erstellt werden. Trotzdem unterscheiden sich Indiens Buchführungsgrundsätze von den weltweit anerkannten internationalen Buchführungsstandards (IAS – International Accounting Standards) und den internationalen Rechnungslegungsgrundsätzen (IFRS – International Financial Reports Standards).

Es gibt zahlreiche Unterschiede zwischen den aktuellen indischen Buchführungsgrundsätzen und den IAS/IFRS Richtlinien. Da IFRS weltweit anerkannt ist, ist es schwierig, indische Unternehmen und deren ausländische Konkurrenz zu vergleichen. Um solche Schwierigkeiten zu überwinden, wurden neue indische Buchführungsgrundsätze (Ind AS – Indian Accounting Standards) angeordnet, die denen der IFRS entsprechen. Diese Grundsätze sollten eigentlich ab dem 01. April 2011 gültig sein, aber die vollständige Umsetzung steht noch aus. Der neue Termin der Umsetzung der Ind As ist noch nicht genau festgelegt; eine Roadmap, wurde aber im März 2014 vorgestellt. Laut dieser sollen Unternehmen, deren Reinvermögen (positive Differenz zwischen dem auf der Aktivseite der Bilanz vermerktem Vermögen und den Verbindlichkeiten der Passivseite) mehr als INR 5 Milliarden (ca. EUR 71 Millionen) beträgt, die neuen Standards zum 01. April 2016 befolgen.

 

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